Exhibitions/Ausstellungen

Portraitprojekt fields of vision/Sichtfelder Mosuo Cultural And Art Center, Zhashi Village, Lugu Lake, China, November 2019 Yuan Xiaocen Art Museum, Kunming, China, November 2019 Li Jiang, China, November 2019 Galerie peripherie, Sudhaus Tübingen, Germany

25. September bis 8. November 2015 New Space Art Foundation, Hue, Vietnam, Januar 2016 Pong Noi Art Space, Chiang Mai, Thailand, Dezember 2015

Inhaltsverzeichnis/Table of Contents

Vorwort/foreword 5

Einführung/Introduction Dr. Gao Xiang 6 Projektbeschreibung Sichtfelder/Project description fields of vision 9

Bowa Gonggao 12 Bowa Ruru 14 Mosuo woman 16 Tschatshuma 18 Gao Xiang 20 Kassandra Wei 22 Wang Xin 24

Interview Bowa Ruru 26 Interview Bowa Gonggao 34

Biographie/Vitae 37 Realisation, Danksagung/Realisation/Acknowledgements 41 Impressum/Imprint (German) 42

Vorwort

Auf Einladung von Dr. Gao Xiang verbrachten wir im November 2018 annähernd 4 Wochen in China. Zunächst in Kunming, der Hauptstadt der Provinz Yunnan, und anschließend am Lugu See, im Norden der Provinz, bei der Volksgruppe der Mosuo. Dort hatten wir die Gelegenheit, am Cultural Investigation and Artistic Creation Projekt return to the truth teilzunehmen. Ein nachhaltiges Projekt, das von Dr. Gao Xiang seit mehreren Jahren in der Region am Lugu See bei der Volksgruppe der Mosuo durchgeführt wird. Unter Protektion des Künstlers Bowa Gonggao, ein Mosuo-Künstler, der in dieser Region beheimatet ist, und gemeinsam mit einer Gruppe von Absolventen der Kunst-Meisterklasse von Dr. Gao Xiang sowie renommierten chinesischen Künstlern setzten wir uns in verschiedenen künstlerischen Annäherungen mit Landschaft, Kultur, Religion und Lebenswirklichkeit der Mosuo auseinander. Es bot sich die einzigartige Gelegenheit, das Projekt fields of visions, das bereits in Europa und in einigen asiatischen Ländern durchgeführt wurde, in China um eine weitere Facette zu bereichern. Wir entschieden uns, fields of vision im Rahmen von return to the truth fortzuführen.

Foreword

At the invitation of Dr. Gao Xiang we spent nearly 4 weeks in China in November 2018. First in Kunming, the capital of the province Yunnan, and afterwards at the Lugu Lake, in the north of the province, with the ethnic group of the Mosuo. There we had the opportunity to participate in the Cultural Investigation and Artistic Creation project return to the truth. A sustainable project that has been carried out by Dr. Gao Xiang for several years in the Lugu Lake region by the Mosuo ethnic group. Under the protection of the artist Bowa Gonggao, a Mosuo artist who lives in this region, and together with a group of graduates of the art master class of Dr. Gao Xiang as well as renowned Chinese artists, we dealt with landscape, culture, religion and reality of life of the Mosuo in different artistic approaches. The unique opportunity presented itself to enrich the fields of visions project, which has already been carried out in Europe and some Asian countries, with a further facet in China. We decided to continue fields of vision within the framework of return to the truth.

Einführung

Prof. Gao Xiang, China, Kunming Das innere Auge des Fotografen

Die vorliegende Auswahl von Werken fotografischer Konzeptkunst von Andreas Hoffmann und

Monika Weber geht auf das Jahr 2014 zurück. Zuerst waren es Personen aus dem Verwand-tenkreis, die zur Darstellung kamen; dann aber auch Menschen aus dem Umkreis, sowie der einheimischen Bevölkerung, die sie vor Ort, während ihrer Aufenthalte in südostasiatischen Ländern – Vietnam, Thailand, Laos, Myanmar – näher kennengelernt hatten – Aufenthalte, die ihnen sowohl zum Austausch mit Künstlerinnen und Künstlern, als auch zum künstlerischen Schaffen dienten. Im Herbst 2019 wurde das Projekt fields of visions im Rahmen des Projektes return to the truth wieder aufgenommen. Die Interviews führten Marga Frick und Monika Weber. Andreas Hoffmann

gestaltete die visuelle Darstellung der Portraits. In seinen fotografischen Arbeiten liegt das Hauptaugenmerk auf den in besonderer Weise ausdrucksstarken Augen der von ihm fotografierten Menschen, wobei die Kamera unter Ausblendung anderer Gesichtspartien ganz auf das Öff

nen und Schließen der Augen gerichtet ist. Durch Anwendung einer besonderen fotografischen

Technik entstehen dann solche durch und durch authentischen Werke, die auf faszinierende Weise das Sehen mit dem Herzen zur Darstellung bringen. Auf der Yunnan-Guizhou-Hochebene im Südwesten Chinas liegt der Lugu-See, inmitten einer Landschaft, in der die Natur erhalten geblieben ist. Dort verbrachten die Künstler*innen zusammen mit chinesischen Künstler*innen zwei kostbare Wochen in dem Dorf Zhashi unter der so geheimnisvollen wie herzlichen einheimischen Bevölkerung. Am Morgen eines jeden Tages erblickten sie die goldenen Sonnenstrahlen, die vom Gipfel des Berges der Göttin Gem sachte hinabstrichen. Und natürlich ließen sie sich die köstliche Suri-Speise, den Buttertee und das Mu

schelfleisch schmecken. Es blieb freilich auch nicht aus, dass ihnen die große Gastfreundschaft

und Herzlichkeit der Mosuo zuteil wurde. Hier im Dorf Zhashi am Lugu-See suchten Monika Weber und Marga Frick Interviewpartner*innen, sowohl aus den Reihen der begleitenden Künstler*innen, als auch unter den Männern und Frauen der Mosuo. Sie stellten dabei zwei grundlegende Fragen, die tief in die Seele eines jeden Befragten blicken lassen: Erstens, wie gestaltet sich dein Leben jetzt? Zweitens, welche Erwartungen hast du für deine Zukunft, welche Visionen und Träume hast du? Als ich im Sommer 2019 erneut Andreas besuchte und er mir sein zu guter Letzt fertig gestelltes Werk zeigte, da konnte ich für eine geraume Zeit gar nicht mehr meine Augen davon lassen.

Schon bei der aller geringsten Veränderung des Blickwinkels sieht man, wie sich die Augen eines Mosuo öffnen und wieder schließen. Bei Betrachtung dieser wahrhaft lebendigen Augen sehe ich meine Freunde, denen ich lange nicht mehr begegnet bin, wieder vor mir und sehe, was sie im Innern bewegt – Bowa Gonggao, Großonkel Bowang und seine Frau, die er aber nie geheiratet hat. Das bedeutet, die zum Leben erweckte alte Kultur, der heutzutage auf der ganzen Welt einzigartig erhalten gebliebenen, matriarchalischen Gesellschaft der Mosuo, vor sich zu sehen. Und wenn ich in ihre Gemüter blicke – Gemüter, aus denen die Weisheit von Mythen aus uralter Zeit und zugleich das ursprünglich Gute spricht –, dann vernehme ich die ganz gewöhnlichen, aber dennoch bewegenden Lebensgeschichten eines jeden Einzelnen. Und ich sehe das vielfältige Farbenspiel, das vom Berg der Göttin Gem, von der roten Erde der Felder und dem tiefblauen See erzeugt wird. Und es öffnet sich mir das Buch der fernen Vergangenheit des gesamten Volksstammes der Mosuo und ihrer tausendjährigen Geschichte der Wanderung. Nicht zu vergessen ihre uralten Mythen und Sagen. Und vielleicht erblicke ich mich dann auch selbst. Ich denke, diese Werke vermitteln uns nicht nur faszinierende visuelle Eindrücke, sondern die darin verarbeiteten Besuche und Interviews lassen uns darüber hinaus den Blick auf das jeweils hinter den dargestellten Augenpaaren verborgene Leben der Menschen und ihren Wertvorstellungen werfen.

Inauguration

Prof. Gao Xiang, China, Kunming The photographer‘s inner eye

This selection of works of photographic conceptual art by Andreas Hoffmann and Monika Weber

goes back to the year 2014. At first it was people from their relatives who were presented, but

then it was also people from the surrounding area, as well as the local population, who had got to know them better during their stays in Southeast Asian countries - Vietnam, Thailand, Laos, Myanmar - stays that served them for exchange with artists as well as for artistic creation.

In autumn 2019, the project fields of visions was continued as part of the project return to the truth. The interviews were conducted by Marga Frick and Monika Weber. Andreas Hoffmann designed the visual representation of the portraits. In his photographic works, the main focus is on the particularly expressive eyes of the people he photographed, with the camera focusing entirely on opening and closing the eyes while blanking out other parts of the face. Through the use of a special photographic technique, authentic works are created through and through, which in a fascinating way, depict seeing with the heart. On the Yunnan Guizhou Plateau in southwest China lies Lake Lugu, in the middle of a landscape in which nature has been preserved. There, together with Chinese artists, the artists spent two precious weeks in the village of Zhashi among the mysterious and warm local population. In the morning of each day, they saw the golden rays of the sun gently stroking down from the top of the goddess Gem‘s mountain. And of course they enjoyed the delicious suri food, the butter tea and the mussel meat. Of course, the Mosuo‘s great hospitality and cordiality were also evident. Here in the village of Zhashi on Lake Lugu, Monika Weber and Marga Frick were looking for interview partners*, both from the ranks of the accompanying artists and among the men and women of the Mosuo. They posed two fundamental questions that allow one to look deep into the soul of each interviewee: First, how is your life now? Second, what expectations do you have for your future, what visions and dreams do you have? When I visited Andreas again in the summer of 2019 and he showed me his last completed work, I couldn‘t take my eyes off it for a while. Even the slightest change in the point of view reveals how the eyes of a Mosuo open and close again. Looking at these truly vivid eyes, I see my friends, whom I have not met for a long time, in front of me again and see what moves them inside - Bowa Gonggao, Great-Uncle Bowang and his wife, whom he never married. To see them in front of you is to see the ancient culture brought to life, the matriarchal society of the Mosuo, the only one of its kind in the world today. And when I look into their minds - minds from which the wisdom of ancient myths and at the same time the original good speaks

-then I hear the ordinary yet moving life stories of each individual. And I see the manifold play

of colours produced by the mountain of the goddess Gem, the red earth of the fields and the

deep blue lake. And the book of the distant past of the entire Mosuo tribe and their thousandyear history of wandering opens up to me. Not to forget their ancient myths and legends. And maybe I will see myself. I think these works do not only give us fascinating visual impressions, but the visits and interviews processed in them also allow us to take a look at the lives and values of people hidden behind the pairs of eyes depicted.

Projektbeschreibung

fields of visionreturn to the truth

Fields of vision ist ein Kommunikations- und Portrait - Projekt. Dabei werden Menschen unterschiedlichster kultureller und gesellschaftlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters gebeten, ihre Lebenswirklichkeit und ihre Wünsche, Lebensziele und Visionen zu verbalisieren und zu visualisieren. Begleitend werden die Augen der Teilnehmer in offenem und geschlossenem Zustand portraitiert. Die Interviewpartner werden gebeten, zu ihren Aussagen selbst bildhafte Darstellungen auszuwählen. Beschreibung, Bild und Portrait-Aufnahme werden zu einem Triptychon zusammengefügt, das in Lentikulartechnik (Wackelbild) umgesetzt ist. Gesamtprojekt siehe: www.hoffmann@hoffmann-kunst.de Der Betrachter des Tryptichon sieht bei offenen Augen die zur Realität ausgesuchten Bildelemente. Nähert er sich dem Portrait, schließen sich die Augen und er sieht die Bildelemente zur Utopie. Die Ergebnisse des Portrait-Projekts wurden in allen Ländern, in denen sie entstanden, ausgestellt. Zur Ausstellung in der Galerie Peripherie in Tübingen, im September 2015, schrieb Dr. Michael Kessler: „Fields of visions, das könnte man übersetzen mit Sichtfelder, Blickfelder, Aussichten …. Die Beschränkung auf die Augenpartie, im stetem Wechsel von geöffnetem und geschlossenem Zustand, macht die Präsentierten unverwechselbar. Deswegen werden ihre Namen festgehalten. Mit diesen verbinden sich die ihnen eigentümlichen Sichtfelder, das heißt, ihre Realitätswahrnehmung, … die sehr unterschiedlich sein kann und wohl auch bleibt. Aber auch ihre Traum- und Wunschwelten, ihre Lebensziele und Utopien.“ Fields of vision leistet hier, im Rahmen des Cultural Investigation and Artistic Creation Projects return to the truth, einer Studie und Kunstschöpfungsaktivitäten der Kultur des Lugu-Sees in der Provinz Yunnan, einen Beitrag. Neben Interviews mit Mitgliedern aus der Projektgruppe konnte ein Focus auf Gespräche mit den Angehörigen der Mosuo gelegt werden. Das Projekt return to the truth ist inspiriert von der Einzigartigkeit der Lugu-Region und ihrer Menschen. „Die Lugu-Seeregion hat nicht nur die unberührte Schönheit der Natur, sondern auch die einzigartige Kultur und Kunst der Mosuo zu bieten. In den letzten Jahren wurde durch die Expansion der Wirtschaft und die Zunahme des Tourismus die lokale natürliche ökologische und menschliche Umwelt beeinträchtigt.“ (Projektbeschreibung Dr. Gao Xiang) Return to the truth hat auch zum Ziel, über die künstlerische Auseinandersetzung Verständnis für die Probleme zu wecken und somit einen relevanten Beitrag zum Schutz von Landschaft und Kultur zu leisten. „Auf diese Weise können wir den kulturellen Denkmodus aus verschiedenen Perspektiven in China und im Westen aufbauen und die Forschung und das künstlerische Schaffen bis hin zur Kultur und Ökologie der Luguer-Seenregion aus allen Blickwinkeln fortsetzen. Auf der anderen Seite wird es das Verständnis der Menschen für die Kultur und Ökologie der Lugu-Seen-Region stärken und die Gesellschaft auffordern, die wertvolle Kultur und Naturökologie der Lugu-Seen-Region weiter zu schützen.“ (Dr. Gao Xiang) Fields of vision versteht sich in diesem Zusammenhang als ein Beitrag zum Verständnis und der Toleranz einer uns fremden, einzigartigen Kultur. Bei der Durchführung stand die Begegnung im Mittelpunkt. Die Fragen über Realität und Zukunft schufen eine konzentrierte Gesprächsbasis jenseits aller kulturellen Unterschiede. Die Vorgehensweise innerhalb der Interviews war offen für die Zugangsweise und Schwerpunkte der Interviewpartner. Das Interview mit Bowa Ruru und Bowa Gonggao boten spezifische und umfassende Einblicke in Mosuo Kultur, in Geschichte, Gegenwart, Zukunftshoffnungen und Zukunftsängste. Es wird deshalb im Anhang vollständig abgedruckt.

Project description

fields of vision - return to the truth

Fields of vision is a communication and portrait project. People of different cultural and social backgrounds and different ages are asked to verbalise and visualise their life reality and their desires, life goals and visions. The eyes of the participants will be portrayed in an open and closed state. The interview partners are asked to select their own pictorial representations of their statements. Description, picture and portrait will be put together to a triptych, which is realized in lenticular technique (nodding picture). Overall project see: www.hoffmann@hoffmann-kunst.de The viewer of the triptych sees the pictorial elements selected for reality when his eyes are

open. When he approaches the portrait, his eyes close and he sees the pictorial elements as utopia. The results of the portrait project were exhibited in all the countries in which they were created. Commenting on the exhibition at Galerie Peripherie in Tübingen in September 2015, Dr. Michael Kessler wrote: „Fields of visions could be translated with fields of vision, point of views .... The restriction to the eye area, in a constant alternation of open and closed state, makes the presented unmistakable. That‘s why their names are recorded. The fields of vision peculiar to them, i.e. their perception of reality, ... which can be and probably will remain very different, are connected with these. But also their dream and wish worlds, their life goals and utopias.“ Fields of vision makes a contribution here, as part of the Cultural Investigation and Artistic Creation Project return to the truth, a study and art creation activities of the culture of Lake Lugu in the province of Yunnan. In addition to interviews with members of the project group, a focus was placed on conversations with Mosuo members. The project return to the truth is inspired by the uniqueness of the Lugu region and its people. „The Lugu Lake Region offers not only the untouched beauty of nature, but also the unique culture and art of the Mosuo. In recent years, the expansion of the economy and the growth of tourism have adversely affected the local natural, ecological and human environment. (Project description Dr. Gao Xiang) Return to the truth also has the goal of awakening understanding for the problems through artistic debate and thus making a relevant contribution to the protection of landscape and culture. „In this way, we can build up the cultural mode of thought from different perspectives in China and the West and continue research and artistic creation up to the culture and ecology of the Luguer lake region from all angles. On the other hand, it will strengthen people‘s understanding of the culture and ecology of the Lugu Lakes region and call on society to further protect the valuable culture and natural ecology of the Lugu Lakes region“. (Dr. Gao Xiang) In this context, Fields of vision sees itself as a contribution to the understanding and tolerance of a unique culture that is foreign to us. The meeting was at the centre of the implementation. The questions about reality and future created a concentrated basis for discussion beyond all cultural differences. The approach within the interviews was open to the approach and focus of the interviewees.

The interview with Bowa Ruru and Bowa Gonggao offered specific and comprehensive insights

into Mosuo culture, history, present, future hopes and fears. It is therefore printed in full in the appendix.

Bowa Gonggao, Artist, Musou

Wir haben ein 2000 Jahre alte kulturelles Wissen. Aber jetzt sind wir im Begriff, viel davon zu

verlieren. Die jungen Mosuo sind sehr stark durch den Einfluss der modernen Medien und des

Tourismus geprägt. Meiner Meinung nach muss die Mosuo Kultur geschützt werden und das Wissen erhalten bleiben. Ich bringe meine Tochter in allen Ferien zurück ins Dorf. Dort kann meine Tochter die wunderbare Gemeinschaft erleben, und es regt sie an, selber Nachforschungen über die Geschichte der Mosuo zu betreiben.

We have 2000 years of cultural knowledge. But now we are about to lose a lot of it. The young Mosuo are very much influenced by modern media and tourism. In my opinion, the Mosuo culture must be protected and knowledge preserved. I bring my daughter back to the village every holiday. There my daughter can experience the wonderful community and it encourages her to do her own research on the history of the Mosuo.

Die jungen Menschen öffnen sich für die moderne Welt und verstehen sie, was sehr gut ist.

Wenn sie älter sind, sollten sie zurückkehren in die Mosuo Gesellschaft. Ich finde es wichtig,

die guten Werte der Mosuo-Gesellschaft, wie zum Beispiel den hohen Respekt gegenüber der Natur, den modernen Menschen zugänglich zu machen. Ihr (Anm.: die Interviewer) als Künstler versteht unsere Kultur mit dem Herzen und könnt sie an andere Menschen weitergeben. Ich schätze mich glücklich, wenn durch euch meine Kultur bei immer mehr Menschen im Ausland bekannt wird.

Young people open up to the modern world and understand what is very good. When they are

older, they should return to Mosuo society. I find it important to make the good values of the

Mosuo society, such as a high respect for nature, accessible to modern people. You (the interviewers) as artists understand our culture with your heart and can pass it on to other people. I consider myself lucky when you make my culture known to more and more people abroad.

Mosuo woman

Wir müssen jeden Tag hart arbeiten, d.h. den Hof versorgen, uns um die Tiere kümmern und sie füttern, die Feldarbeit machen, und alle Menschen auf dem Hof mit Nahrung versorgen. Das alles machen wir, das ist unsere Aufgabe. Wir tragen alles auf unserem Rücken. Wir Mosuo Frauen sind stark. Wir haben sehr schwere Zeiten durchgemacht. Wir hungerten und wussten nicht mehr, wie wir unsere Familie durchbringen sollten. Heute sorgt die Regierung für uns, dafür bedanken wir uns.

We have to work hard every day, i.e. to look after the farm, take care of the animals and feed

them, do the field work and feed everyone on the farm. We do all that, that is our job. We carry everything on our backs. We Mosuo women are strong. We have been through very difficult

times. We were hungry and didn‘t know how to bring our family through. Today the government takes care of us, we thank them for that.

Für die Zukunft wünsche ich mir ein gutes Leben für unsere Kinder.

For the future I wish a good life for our children.

Bowa Ruru, Mosuo man

Im Krieg wurde ich verwundet. Ich wurde für meine Tapferkeit ausgezeichnet und bekam das Verdienstkreuz. Der Staat zahlt mir eine monatliche Entschädigung und auch meine Frau wird

für meine Pflege entlohnt. In letzter Zeit kommt mir die Mosuo Kultur wie eingeschlafen vor.

Unsere Kultur und Sprache werden von der dominanten Han Kultur durchdrungen. Die Kinder in der Schule werden nach chinesischem Muster erzogen. Die Mosuo tragen ihre traditionelle Kleidung nur noch an Festivals. Meine traditionelle Kleidung, die ich für das Interview angezogen habe, habe ich schon lange nicht mehr getragen.

I was wounded in the war. I was decorated for my bravery and was awarded the Cross of Merit. The state pays me a monthly compensation and my wife is also paid for my care. Recently the Mosuo culture seems to me to have fallen asleep. Our culture and language are permeated by the dominant Han culture. The children at school are brought up according to the Chinese model. The Mosuo wear their traditional clothes only at festivals. I haven‘t worn the traditional clothes I put on for the interview for a long time.

Die Mosuo Kultur könnte eine helle Zukunft haben, wenn es eine Balance gebe zwischen Fortschritt, Tourismus und Kultur. Die materielle Entschädigung für meine körperliche Versehrtheit kann die seelischen Verletzungen nicht wieder gut machen. Menschen, die im Krieg gelitten haben, wünschen sich Frieden für die ganze Welt.

The Mosuo culture could have a bright future if there were a balance between progress, tourism and culture. The material compensation for my physical disability cannot make up for my mental injuries. People who have suffered in war want peace for the whole world.

Tschatshuma, Musou Women

Die Mosuo Frauen sind stark. Wir arbeiten von früh bis spät. Früher haben hier viel mehr Menschen gelebt. Meine Mutter und meine Großmutter sind leider schon verstorben. Wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin, gehe ich zu meiner Nachbarin oder sie kommt zu mir. Wir trinken Tee zusammen und reden.

The Mosuo women are strong. We work from morning till night. There used to be a lot more people living here. Unfortunately, my mother and grandmother

have already passed away. When I have finished my work, I go to my neighbour or she comes

to me. We drink tea together and talk.

Für mich selber bin ich zufrieden. Mein größter Wusch ist, dass mein Sohn endlich heiratet und eine Familie gründet. Es ist Zeit dazu.

I‘m happy for myself.

My biggest wish is that my son finally marries and starts a family.

It is time.

Gao Xiang, Artist, Kunming

In meiner Malerei ist es mir wichtig, nicht nur meine eigenen Gefühle auszudrücken, sondern für die Gesellschaft relevante Themen aufzugreifen. Ich verwende den traditionellen Malstil, um diese Themen auszudrücken. Nach 1980 wurde China wohlhabend. Das Geld wurde zum absoluten Lebensinhalt. Aber jeder Mensch braucht verschiedene Aspekte in seinem Herzen, um in der Balance zu bleiben.

In my painting it is important to me not only to express my own feelings, but also to pick up relevant topics for society. I use the traditional style of painting to express these themes. After 1980 China became prosperous. Money became an absolute part of life. But every person needs different aspects in his heart to stay in balance.

Ich wünsche mir mehr Zeit für meine Malerei. Außerdem möchte ich mehr Zeit mit meinen Eltern verbringen, da die Selbstverständlichkeit, mit ihnen zusammen zu sein, angesichts ihres fortgeschrittenen Alters immer weniger gegeben ist. Ich möchte mehr im Augenblick leben und nicht ständig vom Einem zum Nächsten hetzen.

I wish for more time for my painting. I would also like to spend more time with my parents, as it is less and less natural to be with them in view of their advanced age. I want to live more in the moment and not constantly rush from one to the next.

Kassandra Wei, Artist, Peking

Ich habe chinesische Kunst und Philosophie studiert und möchte diese Themen im europäischen Kontext verstehen und kennenlernen, um später meinen eigenen Stil zu kreieren und zu erweitern. Ich möchte moderne und zeitgenössische Kunst in China verbreiten, weil viele Künstler nichts davon wissen. Ich denke, das ist meine Verantwortung, mein Wissen an die jungen Künstler*innen weiterzugeben.

I studied Chinese art and philosophy and would like to understand and get to know these subjects in the European context. To later create my own style and expand. I would like to introduce modern and contemporary art in China because many artists do not know about it. I think that is my responsibility to pass on my knowledge to the young artists.

In den letzten zehn Jahren habe ich sowohl an der Forschung zur modernen Kunstgeschichte Chinas, als auch an der Kunstpraxis (Gemälde und Skulpturen) gearbeitet. Im Moment möchte ich mehr über zeitgenössische Kunst historisch und philosophisch lernen und verstehen. Deshalb habe ich mich in den europäischen Kontext vertieft, um einen Kontrast und Vergleich zwischen östlicher und westlicher Kultur herzustellen. Ich möchte zeitgenössischere Kunstwerke während meines Aufenthaltes in London schaffen, gleichzeitig aber auch mehr Kunstaktivitäten zurück nach China bringen, was ich als meine Verantwortung als Künstler*in und Intellektuelle betrachte.

In the past ten years, I have been working on both Chinese modern art history research and art practice (paintings and sculptures). At the moment I would like to practice and understand more about contemporary art historically and philosophically. So I have immersed myself in the European context to do a contrast and comparison between eastern and western culture. I would like to creative more contemporary artworks during the experience of living in London, at the same time introduce more art activities back to china which I regard as my responsibility as an artist and intellectual.

Wang Xin, Artist, Kunming

Ich mache alles allein. Ich arbeite allein zuhause an der Gestaltung meiner Kunst Ich mag es, allein auszugehen oder mich einfach in der Stadt herumzutreiben.

Mein Leben ähnelt einem tiefen Wasser mit stiller Oberfläche.

I‘m doing everything alone. I work alone at home designing my art, I like to go out alone or just hang around in the city. My life resembles a deep water with a quiet surface.

Ich finde es wichtig, schon in der Realität anzufangen, etwas von seinen Träumen

zu verwirklichen. Träume nicht nur, mache etwas! Ich wünsche mir, dass die Menschen, die mich umgeben und denen ich begegne, glücklich sein können.

I think it‘s important to start realizing something of your dreams. Do not just dream, do something! I wish that the people around me and whom I meet, be happy.

Die Geschichte der Mosuo

INTERVIEW Bowa Ruru, Hausherr

Die Mosuo haben eine lange und geheimnisvolle Geschichte. Es gibt eine Menge mündlich überlieferten Bräuche und Legenden. Die Mosuo nennen sich selber Aba dishe. Ich erzähle euch jetzt eine Legende über die Schöpfungsgeschichte der Mosuo. Der Schöpfergott brach zwei Äste von einem Baum der Azalee, einen für die Frau, einen für den Mann. Danach vergrub er die Äste in der Erde, sie sollten dort neun Monate ruhen. Aber die Menschen waren nicht in der Lage, diese Frist einzuhalten, und aus lauter Gier gruben sie die Äste schon viel früher aus. Deshalb ist die Menschheit nicht glücklich geworden. Der Schöpfergott ersann eine neue Methode, um die Mosuo zu erschaffen. Er verbrannte die Zweige der Azalee und formte aus der Asche Mann und Frau. Sie wurden in die Erde gelegt, und dort mussten die Aschenkörper genau neun Monate ruhen, erst dann wurden sie zu Mann und Frau. Das war die Geburtsstunde der Mosuo. Deshalb dauert die Schwangerschaft neun Monate. Die Wangen der Frauen nehmen die Farbe von Asche an, wenn sie schwanger sind.

Die Religion der Mosuo

Die Daba-Religion ist die ursprüngliche Religion der Mosuo. Der Dabapriester kommt zu Hochzeits- und Begräbnis-Zeremonien. Er kommt ins Haus, um zu beten und zu segnen und um Unglück abzuwenden. Es gibt keine schriftliche, sondern nur eine mündliche Überlieferung. Das kommt daher: Ursprünglich waren die heiligen Schriften auf Schweinehäute geschrieben. Aber eines Nachts hatte ein Priester zu viel getrunken und nicht aufgepasst. Da wurden die heiligen Schriften alle vom Hund aufgefressen. Seither ist die Schrift verloren gegangen. Ungefähr im 15. Jahrhundert kam der tibetische Buddhismus in diese Region. Seither benützen die Mosuo beide Religionen. Die Daba-Religion ist stark in der alten Kultur verwuzelt. Der tibetische Buddhismus wird in dieser Region jedoch immer populärer.

Das Matriarchat

Einige Forscher und Gelehrte betrachten die Mosuo-Kultur als Matriarchat. Nach meinem Verständnis interpretieren sie vieles falsch und bezeichnen unsere Kultur oft als rückständig. Die Familie wird hauptsächlich durch die mütterliche Linie bestimmt. Den höchsten Status nimmt die mother‘s mother ein. Sie führt alle an. Ebenso wichtig ist der älteste Onkel.

In der Mosuo-Kultur wird das Prinzip des Wanderehe praktiziert. Vor der Ein Kind Ehe gab es hier viel mehr Kinder. Manchmal lebten bis zu 45 Personen in einem Haushalt. Alle Kinder und Enkel tragen den Namen der Mutter, wachsen in der mütterlichen Linie auf und fühlen sich mit ihr verbunden.

Der Mutterraum

Im Mutterraum befinden sich zwei dominante Säulen. Eine Säule repräsentiert die Frau, die

andere den Mann. Dabei handelt es sich nicht um ein Paar, sondern um Mutter und Onkel. Beide Säulen kommen vom gleichen Baumstamm, da Geschwister immer die gleichen Wurzeln haben. Bevor ein neues Haus gebaut wird gehen die Männer in die Berge und suchen den Baum für den Mutterraum aus. Um den Baum herum werden Feuer entfacht und Zweige verbrannt. Der Baum muss noch vor Sonnenaufgang gefällt werden. Die Frontsäule ist aus der Spitze des Baumes gemacht, die zweite Säule aus der Wurzel. Sowie der Gipfel eines Baumes Blüten und Früchte trägt, so tragen die Frauen das Leben weiter. In unserer Gesellschaft haben Frauen und Kinder den höchsten Wert.

Das Prinzip des Wanderehe steht nicht im Gegensatz zu Hochzeiten. Die moralischen Verpflichtungen und die Verantwortung gelten für beide Formen. Der Mann kehrt bei der Form der Wanderehe in den Haushalt seiner Mutter zurück und verrichtet dort die tägliche Arbeit.

Begräbnisritual

Ihre letzten Atemzüge verhauchen die Sterbenden im Mutterraum, die Frauen links, die Männer rechts. Der Leichnam wird dann auf den Fußboden gelegt, gewaschen und mit Hilfe eines Seiles in die Embryonalhaltung gebunden. Danach wird er in einen 7 bis 9 Fuß großen Leinensack eingehüllt. Durch die kleine Tür im Mutterraum wird er hinausgebracht und im unbefestigten Boden in eine Grube hineingelegt. Früher wurden die Toten dort sehr lange aufbewahrt, ich selber erinnere mich an eine Dauer von 14 Tagen. Die alte Frau, die in unserem Dorf gestorben, ist wur

de auch so lange aufbewahrt. Morgen findet die Beerdigungszeremonie mit dem Dabapriester

und buddhistischen Mönchen statt. Die Verstorbene wird aus der Grube herausgeholt, in einen speziellen Sarg gelegt und auf dem Blumenbett aufgebahrt. In den Bergen ist ein Platz für die Verbrennung vorbereitet. Dorthin wird die Verstorbene übermorgen in aller Frühe hinausge

bracht denn die Verbrennung muss vor dem Sonnenaufgang stattfinden. Das ganze Dorf wird

daran teilnehmen.

Gegenwart und Veränderung

In letzter Zeit kommt mir die Mosuo-Kultur wie eingeschlafen vor. Die fremden Kulturen üben

einen ungeheuren Einfluss auf die Mosuo-Kultur aus. In China überwiegt die Han-Kultur. Die

Mosuo-Kultur gleicht sich immer mehr an. Die Daba-Priester werden zunehmend von den buddhistischen Mönchen ersetzt. Die Kultur und die Sprache wird von der dominanten Han-Kultur durchdrungen. Die Kinder in der Schule werden nach chinesischem Muster erzogen. Sie tragen die traditionelle Kleidung nur noch bei Festivals. Überlieferte Tänze werden nur noch bei Hochzeiten aufgeführt. Meine traditionelle Kleidung, die ich für das Interview angezogenen habe, habe ich schon lange nicht mehr getragen.

Umwelt

Mit der Berühmtheit der Lugu-Lake-Region sank die Wasserqualität des Sees rapide. Ich denke immer: „Was kann ich hier in meiner Zurückgezogenheit bewirken, um dazu beizutragen unsere Umwelt zu schützen?“ So denke ich, die Mosuo-Kultur könnte eine helle Zukunft haben, wenn es ein Balance gebe zwischen Tourismus und Natur. So könnte die Wasserqualität des Sees verbessert werden und der Wohlstand der Mosuo-Bevölkerung zunehmen.

Rückblick

Die Versorgung der Mosuo hat sich sehr verbessert. Das war nicht immer so. Die Menschen hatten nur ein Gewand, aus Baumwolle gewebt. Die Winter waren oft sehr hart, und oft gab es nur Heu zum Zudecken. Wir waren sechs Geschwister. Ich bin sehr arm aufgewachsen, manchmal gab es einfach nichts zu essen, auch kein Fleisch. Zum Glück konnte ich die Schule besuchen. Schuhe hatte ich keine, ich ging barfuß. Ich träumte davon Lehrer zu werden für die Mosuokinder, oder ein Erzieher für arme Leute, aber das Schicksal wollte es anders. 1983 trat ich der Armee bei. Damals war es eine Ehre Soldat zu sein. Ich nahm am Grenzkrieg zwischen China und Vietnam teil. Ich war als Minensucher eingesetzt und erkundete die Front für unsere Truppen. Als Soldat musst du den Befehlen deiner Vorgesetzten gehorchen. Heute denke ich, man sollte trotzdem selber überlegen können, ob diese Befehle gut oder schlecht sind. 1984 wurde ich verwundet. Darüber möchte ich nicht sprechen. Es ist der Krieg, der Unheil und

Verzweiflung über die Menschheit bringt.

Ich wurde für meine Tapferkeit ausgezeichnet und bekam das Verdienstkreuz dafür. Der Staat

zahlt mir monatliche Entschädigung, und meine Frau wird für meine Pflege entlohnt. So können

ich und meine Frau besser leben, als unsere Eltern, und unseren beiden Söhnen geht es gut. Aber die materielle Entschädigung kann die seelischen Verletzungen nicht wieder gut machen. Menschen, die im Krieg gelitten haben, wünschen sich Frieden für die ganze Welt. Eine Armee ist stets der Meinung, dass ihr Krieg gerechtfertigt ist. Das kann man an vielen Beispielen sehen, zum Beispiel am Krieg in Syrien. Trotzdem sollten die Soldaten überlegen, ob sie den Befehlen gehorchen oder nicht. In meiner Kompanie waren 120 Soldaten. Fünf davon sind gefallen, über 20 haben verletzt überlebt. Tote und Verwundete wird es geben solange es Kriege gibt. Jedes Jahr treffe ich mich mit den überlebenden Mitgliedern meiner ehemaligen Kompanie. Dabei trage ich den höchsten Militärgrad. Heute bin ich froh, dass meine Familie gut dasteht. Mein ältester Sohn arbeitet beim Auswärtigen Amt, er ist seit zehn Jahren verheiratet und hat eine acht Jahre alte Tochter. Mein jüngerer Sohn ist Arzt geworden. Ich bin so stolz, dass meine Kinder eine glänzende Zukunft haben werden.

The history of the Mosuo

INTERVIEW Bowa Ruru, landlord of the house

The Mosuo have a long and mysterious history. There are a lot of oraly transmitted costems and legends. The Mosuo call themselves Aba dishe. I am going to tell you a legend about the creation of the Mosuo. The Creator God broke two branches of an azalea tree, one for the woman, one for the man. Then he buried the branches in the earth, they were to rest there for nine months. But the people were not able to meet this deadline, and out of sheer greed they dug out the branches much earlier. That is why mankind has not become happy. The Creator God devised a new method to create the Mosuo. He burned the branches of the azalea and formed man and woman from the ashes. They were laid in the ground, and there the ash bodies had to rest for exactly nine months, only then did they become man and woman. That was the birth of the Mosuo. That is why the pregnancy lasts nine months. The women‘s cheeks take on the colour of ashes when they are pregnant.

The religion of the Mosuo The Daba religion is the original religion of the Mosuo. The Daba priest comes to wedding and funeral ceremonies. He comes into the house to pray and bless and to avert misfortune. There is no written tradition, only an oral tradition. That is becouse the holy scriptures were originally written on pig skins. But one night a priest had drunk too much and was not paying attention. Then the holy scriptures were all eaten by the dog. Since then the scripture has been lost. About in the 15th century Tibetan Buddhism came to this region. Since then the Mosuo have used both religions. The Daba religion is strongly rooted in the ancient culture. Tibetan Buddhism is becoming more and more popular in this region.

The Matriarchate Some researchers and scholars regard the Mosuo culture as matriarchy. In my understanding, they misinterpret many things and often describe our culture as backward. The family is mainly determined by the maternal line. The highest status is occupied by the mother‘s mother. She leads them all. Equally important is the oldest uncle.

In the Mosuo culture the principle of wandering marriage is practiced. Before the one child marriage there were many more children here. Sometimes up to 45 people lived in one household. All children and grandchildren bear the mother‘s name, grow up in the maternal lineage and feel connected to her.

The Mother Room In the mother room there are two dominant columns. One column represents the woman, the other the man. They are not a couple, but a mother and uncle. Both columns come from the same tree trunk, since siblings always have the same roots. Before a new house is built, the men go into the mountains and choose the tree for the mother‘s room. Fire is kindled around the tree and branches are burned. The tree must be felled before sunrise. The front column is made from the top of the tree, the second column from the root.

As the top of a tree bears flowers and fruits, so the women carry on the life. In our society,

women and children have the highest value.

The principle of wandering marriage is not contrary to weddings. The moral obligations and the responsibility apply to both forms.The man returns to his mother‘s household in the form of a wandering marriage and does the daily work there.

Funeral ritual Their last breaths are breathed out by the dying in the mother‘s room, the women on the left,

the men on the right. The body is then placed on the floor, washed and tied to the embryonic

position with a rope. He is then wrapped in a 7 to 9 foot linen bag. He is taken out through the small door in the mother‘s room and placed in a pit in the unpaved

floor. In the past the dead were kept there for a very long time, I myself remember a period of

14 days. The old woman who died in our village was also kept for such a long time. Tomorrow the funeral ceremony will take place with the dabapriest and Buddhist monks. The

deceased is taken out of the pit, placed in a special coffin and laid out on the flower bed. In the

mountains there is a place prepared for the cremation. The deceased will be taken there the day after tomorrow early in the morning because the burning must take place before sunrise. The whole village will participate.

Present and Change

Lately, the Mosuo culture seems to have fallen asleep. The foreign cultures have a tremendous

influence on the Mosuo culture. In China, the Han culture predominates. The Mosuo culture is

becoming more and more similar. The Daba priests are increasingly being replaced by Buddhist monks. Culture and language are permeated by the dominant Han culture. The children in school are educated according to the Chinese pattern. They only wear traditional clothes at festivals. Traditional dances are only performed at weddings. I haven‘t worn the traditional clothes I put on for the interview for a long time.

Environment

With the fame of the Lugu Lake region, the water quality of the lake fell rapidly. I always think: „What can I do here in my seclusion to help protect our environment? So I think the Mosuo culture could have a bright future if there was a balance between tourism and nature. This could improve the water quality of the lake and increase the prosperity of the Mosuo people.

Review

The supply of the Mosuo has greatly improved. This was not always the case. The people had only one garment, woven from cotton. The winters were often very hard, and often there was only hay to cover up. We were six brothers and sisters. I grew up very poor, sometimes there was simply nothing to eat, not even meat. Fortunately I was able to attend school. I had no shoes, I went barefoot. I dreamed of becoming a teacher for the Mosuo children, or an educator for poor people, but fate wanted it different. I joined the army in 1983. At that time it was an honor to be a soldier. I took part in the border war between China and Vietnam. I was used as a minesweeper and explored the front for our troops. As a soldier you must obey the orders of your superiors. Today I think you should still be able to decide for yourself whether these orders are good or bad. I was wounded in 1984. I don‘t want to talk about that. It is war that brings disaster and despair to humanity. I was awarded for my bravery and received the Cross of Merit for it. The state pays me monthly compensation and my wife is paid for my care. So I and my wife can live better than our parents, and our two sons are well. But the material compensation cannot make up for the

mental injuries. People who have suffered in war want peace for the whole world. An army

is always of the opinion that its war is justified. This can be seen in many examples,

such as the war in Syria. Nevertheless, soldiers should consider whether they obey orders or not. There were 120 soldiers in my company. Five of them were killed, more than 20 survived injured. There will be dead and wounded as long as there are wars. Every year I meet with the surviving members of my former company. I wear the highest military grade. Today I am glad that my family is doing well. My eldest son works at the Foreign Office, he has been married for ten years and has an eight-year-old daughter. My younger son has become a doctor. I am so proud that my children will have a bright future.

Interview

Bowa Gonggao, Artist, Musou

Wir haben eine 2000 Jahre alte Geschichte. Aber jetzt sind wir im Begriff, sehr viel davon zu

verlieren. Die jungen Mosuo sind sehr stark durch den Einfluss der modernen Medien und des

Tourismus geprägt. Meiner Meinung nach muss die Mosuo-Kultur geschützt werden und das Wissen erhalten bleiben. Mit diesem Problem hat sich Dr. Gao Xiang intensiv beschäftigt, er besuchte uns nun schon das siebte Mal mit Studenten und internationalen Künstlern. In den Projekten sollen Künstler aus aller Welt, aus allen Kulturkreisen verstehen lernen, wie wichtig es ist, die Mosuo-Kultur zu beschützen und zu bewahren, damit sie nicht verloren geht. Die Frage, wie junge Leute heute mit der Mosuo-Kultur verbunden sind, ist sehr wichtig. Es ist ein Phänomen, dass es für junge Menschen, die wie meine Tochter nach 2000 geboren sind, es immer schwieriger wird, die Mosuo-Kultur in ihr Leben zu integrieren. Sie leben oft in weit entfernten Großstädten. Ich bringe meine Tochter in allen Ferien zurück ins Dorf. Junge Leute wissen nichts von unserer Geschichte. In unserem Dorf kann meine Tochter die wunderbare Gemeinschaft erleben, und es regt sie an, selbstständig Nachforschungen über die Geschichte,

der Mosuo zu betreiben. Ich finde es auch wichtig, ihr die Regeln der Mosuo zu erklären, so dass

sie den gegenseitigen Respekt nicht nur spürt, sondern auch besser versteht. Ich erzähle ihr auch Geschichten aus der Zeit, als ich ein kleiner Junge war und im Dorf lebte. Wenn ich meiner Tochter auf diese Weise die Mosuo-Kultur lehre, wird sie ihre Wurzeln nicht vergessen. Sie wird den Wert der Mosuo-Kultur kennen und ihn mit der gegenwärtigen Welt verbinden. So wird es ihr möglich sein, eine Balance zu halten zwischen ihrer modernen Welt und der Welt ihrer Herkunft. Ich denke ich habe noch nicht genug für den Erhalt der Mosuo Kultur getan. Es gab auch immer wieder Forscher, die sehr an der Mosuo-Kultur interessiert waren. Ihr als Künstler versteht unsere Kultur mit dem Herzen und könnt sie anderen Menschen weitergeben. Ich schätze mich glücklich, wenn auch durch euch meine Kultur bei immer mehr Menschen, auch im Ausland bekannt wird. Die jungen Menschen öffnen sich für die moderne Welt und verstehen sie, was sehr gut ist. Wenn sie älter sind, sollten sie zurückkehren in die Mosuo-Gesellschaft und beide Kulturen mit

einander verbinden. Ich finde es wichtig, die guten Werte der Mosuo-Kultur wie zum Beispiel

den hohen Respekt gegenüber der Natur, den modernen Menschen zugänglich gemacht werden sollten. In der Mosuo-Gesellschaft erzählt eine Generation der nachfolgenden Generation die Geschichte der Mosuo. Die Dabareligion ist dabei der Kern der Überlieferung. Ich möchte mich für eure Teilnahme an unserem Projekt bedanken.

Interview

Bowa Gonggao, Artist, Musou

We have a 2000 year history. But now we are about to lose a lot of it. The young Mosuo are

very much influenced by modern media and tourism. In my opinion, the Mosuo culture must be

protected and knowledge preserved. Dr. Gao Xiang has been intensively involved with this problem and has now visited us for the seventh time with students and international artists. In the projects, artists from all over the world, from all cultural backgrounds, should learn to understand how important it is to protect and preserve the Mosuo culture so that it does not get lost. The question of how young people today are connected to Mosuo culture is very important. It

is a phenomenon that it is becoming increasingly difficult for young people like my daughter,

who were born after 2000, to integrate Mosuo culture into their lives. They often live in distant cities. I bring my daughter back to the village every holiday. Young people don‘t know anything about our history. In our village my daughter can experience the wonderful community, and

it inspires her to independently research the history of the Mosuo. I also find it important to

explain the rules of the Mosuo to her so that she not only feels mutual respect, but also understands it better. I also tell her stories from the time when I was a little boy and lived in the village. When I teach my daughter Mosuo culture in this way, she won‘t forget her roots. She will know the value of the Mosuo culture and connect it with the contemporary world. So she will be able to maintain a balance between her modern world and the world of her origin. I think I haven‘t done enough to preserve the Mosuo culture yet. There have always been researchers who were very interested in Mosuo culture. As artists, you understand our culture with your hearts and can pass it on to other people. I consider myself lucky when my culture becomes known to more and more people through you, even abroad. Young people open themselves to the modern world and understand what is very good. When they are older, they should return to the Mosuo society and connect both cultures. I think it is important to make the good values of the Mosuo culture, such as a high respect for nature, accessible to modern people. In the Mosuo society, one generation tells the history of the Mosuo to the next generation. The Dafa religion is at the heart of the story. I would like to thank you for your participation in our project.

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Biographies /Vitae

Andreas Hoffmann

1961 geboren in Eningen u.A. 1982 Arbeit mit Form und Inhalt Maske des Masken- und Körpertheaters. Studium an der Theaterakademie Arhus, Dänemark. 1985-1988 Studium der Bildhauerei an der Freien Kunstakademie Nürtingen 1984-1987 Studium der Pädagogik an der Hochschule für Sozialwesen, Reutlingen 1988-1989 Studium der Bildhauerei, Multimedia- und Performace-Kunst an der Universität der Künste Berlin, bei Prof. Shinkichi Tajiri und Prof.Rebecca Horn, seit 1990 freier Künstler und Dozent 2002 Anerkennung zum Theaterpädagogen (BUT) Dozent für Kunst, Performance, Drama und Theaterpädagogik u.a. beim Institut für Theaterpädagogik der LAG Theaterpädagogik Baden Württemberg. Dozent an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, der Hochschule für Soziale Arbeit Reutlingen und der Universität Tübingen. Arbeiten sind in privaten Sammlungen und Museen. Ausstellungen, Installationen und Performances in verschiedenen Ländern. Kurator und Organisator von Ausstellungen und Festivals.

Andreas Hoffmann

1961 born in Eningen and others 1982 work with form and content mask of the mask and body theatre. Studied at the Theatre Academy Arhus, Denmark. 1985-1988 Study of sculpture at the Freie Kunstakademie Nürtingen. 1984-1987 Study of pedagogics at the University of Social Sciences, Reutlingen, Germany 1988-1989 Study of sculpture, multimedia and performance art at the Berlin University of the Arts, with Prof. Shinkichi Tajiri and Prof. Rebecca Horn, since 1990 freelance artist and lecturer. 2002 Recognition as theatre pedagogue (BUT) Lecturer for art, performance, drama and theatre pedagogy at the Institut für Theaterpädagogik der LAG Theaterpädagogik Baden Württemberg. Lecturer at the Ludwigsburg College of Education, the Reutlingen College of Social Work and the University of Tübingen. Works are in private collections and museums. Exhibitions, installations and performances in various countries. Curator and organizer of exhibitions and festivals.

Monika Weber

1969-1973 Studium der Pädagogik und Psychologie an den Universitäten Reutlingen und Tübingen. 1974 Lehrerin für Kinder mit Lernschwierigkeiten. 1974-1980 Besuch verschiedener Theaterworkshops, Mitglied in freien Theatergruppen. 1986-1990 Gründung und Leitung von Kinderdramengruppen. 1986-1988 Studium der Theaterpädagogik an der Universität Ludwigsburg Seit 1985 Trainerin für Schüler und junge Lehrer. 2004-2006 Studium des Psychodramas an der Moreno Institution in Überlingen. 2006-2014 Organisation und Teilnahme an Schüler-Theaterfestivals. Seit 2010 Coaching von Jugendlichen mit Theaterworkshops.

Monika Weber

1969-1973 Studied Education and Psychology at the Universities of Reutlingen and Tübingen.

1974 Teacher for children with learning difficulties.

1974-1980 Attended various theatre workshops, member of independent theatre groups. 1986-1990 Foundation and management of children‘s drama groups. 1986-1988 Studied theatre pedagogy at the University of Ludwigsburg. Since 1985 trainer for pupils and young teachers. 2004-2006 Studied psychodrama at the Moreno Institution in Überlingen. 2006-2014 Organisation and participation in student theatre festivals. Since 2010 coaching of young people with theatre workshops.

Marga Frick

1974-1977 Studium Pädagogik, Psychologie, Technik, Pädagogische Hochschule Reutlingen, 1977-1980 Lehrerin an einer Grund- und Hauptschule 1980-1982 Sonderpädagogikstudium, Institut für Sonderpädagogik Reutlingen, Universität Tübingen 1982-1987 Lehrerin an einer Sonderschule für lernbehinderte Kinder 1988-1990 Sabatjahre, Reisen nach Nepal, Indien, Sikkim und Bhutan 1990–2018 Lehrerin an einer Sonderschule für lernbehinderte Kinder und Jugendliche. Beratung und Diagnostik, Ausbildungslehrerin Univ. Ludwigsburg 1990-1991 Montessori Diplom, Montessori Vereinigung Aachen 1992-2017 Hospitationsleiterin für Studierende der Montessori-Pädagogik

Marga Frick

1974-1977 Studied Education, Psychology, Technology, Reutlingen University of Education, 1977-1980 Teacher at a primary and secondary school 1980-1982 Study of Special Education, Institute for Special Education Reutlingen, University of Tuebingen, Germany 1982-1987 Teacher at a special school for children with learning disabilities 1988-1990 Sabat years, travels to Nepal, India, Sikkim and Bhutan 1990-2018 Teacher at a special school for children and teenagers with learning disabilities. Counselling and diagnostics, training teacher at Ludwigsburg University. 1990-1991 Montessori Diploma, Montessori Association Aachen 1992-2017 Head of Hospitation for students of Montessori pedagogy

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Danksagung

An erster Stelle bedanken wir uns sehr herzlich bei Dr. Gao Xiang, der den Anstoß gab und uns durch seine Einladung die Teilnahme ermöglichte. Für uns war es eine außerordentliche und intensive Erfahrung, am Projekt return to truth teilnehmen zu dürfen. Wärend des gesamten Aufenthalts wurden wir von ihm zuvorkommend betreut. Wir bedanken uns ganz besonders bei Bowa Gonggao und den Mitgliedern der Mosuo- Gemeinschaft. Gonggao öffnete für uns die Türen und ermöglichte uns Zugang zu Land und Leuten und die Teilhabe an ihren verschiedenen Lebensbereichen. Die Mitglieder der Mosuo-Gemeinschaft vermittelten uns das Gefühl, willkommen zu sein. Wir bedanken uns bei allen Mitgliedern der Projektgruppe, die uns herzlich in ihrer Mitte aufnahmen. Besonderen Dank gilt Kassandra Wei, Wang Xin und Luo Fei, die trotz ihrer eigenen künstlerischen Tätigkeiten sich noch Zeit nahmen für Übersetzungen während der Interviews. Für die Übersetzung danken wir Prof. Dr. Achim Mittag. Unser Dank gilt auch dem Detschen Generalkonsulat in Chengdu, insbesonders Frau Petra Mann. Allen unseren Interviewpartnern danken wir für ihre Bereitschaft und Offenheit.

Acknowledgements

First of all we would like to thank Dr. Gao Xiang very much, who gave the impulse and made it possible for us to participate through his invitation. For us it was an extraordinary and intensive experience to participate in the project return to truth. During the whole stay we were looked after courteously by him. Our special thanks go to Bowa Gonggao and the members of the Mosuo community. Gonggao opened the doors for us and gave us access to land and people and participation in their different spheres of life. The members of the Mosuo community made us feel welcome. We would like to thank all the members of the project group for warmly welcoming us in their midst. Special thanks go to Kassandra Wei, Wang Xin and Luo Fei who, despite their own artistic activities, still took time for translations during the interviews. For the translation we thank Prof. Dr. Achim Mittag. Our thanks also go to the German Consulate General in Chengdu, especially Mrs. Petra Mann. We thank all our interview partners for their willingness and openness.

Impressum/Imprint

Dokumentation zum Kunstprojekt fields of vision im Kontext des Projektes back to the truth im Novermber 2018, anlässlich der Ausstellung im Mosuo Cultural And Art Center, Zashie village, Lugu Lake; Li Jiang, City Culture department gallery; Yuan Xiaocen Art Museum, Kunming, im November 2019.

Documentation on the art project fields of vision in the context of the project back to the truth in Novermber 2018, on the occasion of the exhibition at the Mosuo Cultural And Art Center, Zashie village, Lugu Lake; Li Jiang, City Culture department gallery; Yuan Xiaocen Art Museum, Kunming, November 2019.

Konzept und Durchführung:/ Concept and implementation: Andreas Hoffmann, Monika Weber, Marga Frick Foto:/Photo: Andreas Hoffmann, Roland Frick, Bowa Gonggao, Gao Xiang, Wang Xin, Kassandra Wei Herausgeber:/Editors: Andreas Hoffmann, Monika Weber

Auflage: 200 Stück

Copyright 2019, Andreas Hoffmann Alle Rechte beim Künstler und den Autoren

www.hoffmann-kunst.de hoffmann@hoffmann-kunst.de

http://www.facebook.com/profil

Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft des Generalkonsulats der Bundersrepublik Deutschland, Chengdu.

The project is under the patronage of the Consulate General of the Federal Republic of Germany.